Ich tausche mich heute mit meiner Teamkollegin Tina aus. Tina ist als Physiotherapeutin Teil meines Teams und ist bei den Barfuß Powerkursen mit dabei. Tina, magst du ein bisschen von dir erzählen, damit wir vorneweg schon gleich mal wissen, mit wem wir es hier heute zu tun haben?


Tina: Ja, gerne. Ich bin Tina, bin Physiotherapeutin seit 2012 und arbeite halbtags in einer Praxis. Ich habe zwei kleine Kinder im Alter von drei und sechs Jahren. Ich bin verheiratet und wohne im schönen Norden von Deutschland, in der Nähe von Flensburg.

 

 

 

 

 

 

 

Vivi: Ich weiß von dir, dass du die Bobath Fortbildung gemacht hast, richtig?


Tina: Ich habe ein paar mehr Fortbildungen gemacht. Ich bin auch Lymphdrainagentherapeutin und bin die Fachfrau, was Bewegung und Schwellung angeht. Auch zum Thema Kinesiotape habe ich mich weitergebildet. Ich finde Fortbildungen immer super, weil man wird ja nicht dümmer dadurch. Und jetzt freue ich mich, dass ich bei dir im Team bin.

 

Vivi: Ja mega, du bist ja schon seit 2020 im Team und wir freuen uns alle sehr, dass du da bist und unsere Kurse mit unterrichtest. Heute wollen wir reden über das Thema: was ist der Zusammenhang zwischen Knick-, Senk-, Plattfüßen und Knieschmerzen bzw. vielleicht auch Hüft-, und Rückenschmerzen? Das Ganze nennt sich Pathogenese. Pathogenese sind zwei Worten zusammengenommen aus dem Lateinischen. „Pathos“ ist die Krankheit und „Genesis“ bedeutet Entstehung. Heute sprechen wir darüber, was sich unter dem Sammelbegriff „Plattfüße“ eigentlich versteckt, weil die Bezeichnung wird bei uns im Volksmund ein bisschen inflationär verwendet.

Eigentlich kann man das sehr viel genauer auseinander klamüsern. Plattfüße sind nicht gleich Plattfüße. Wir unterscheiden zwischen Knickfüßen, bei denen die Ferse nach innen knickt, und Senkfüßen, bei denen sich der Vorfuß auch absenkt. Bei einem ganz ausgeprägten Knick-, Senkfuß sprechen wir von einem Plattfuß. In dem Fall lässt sich nicht mehr erkennen, dass dort wo das Längsgewölbe sitzt, jemals eine Wölbung war, also innen am Fuß. Wenn der Knochen, der vor dem Sprunggelenk sitzt, richtig abgesunken ist und vielleicht schon fast auf dem Boden liegt oder auf dem Boden aufkommt, dann ist es ein Plattfuß. Welche Auswirkungen kann das auf die Knie haben, Tina?


Tina: Wie du schon sagtest, wenn das Sprunggelenk nach innen und unten abknicken, dann folgt zuzusagen der Unterschenkel und sinkt auch ein bisschen ab. Dadurch kann man eine X-Bein Stellung im Knie bekommen. Das heißt, dass die Achse ein bisschen nach innen verschoben wird. Das hat zur Folge, dass an verschiedenen Stellen Schmerzen entstehen. Sei es im Innenbereich, weil die Muskeln und Bänder gedehnt werden, oder im äußeren Bereich, weil der Meniskus überbelastet wird. Man hat eine Drehung nach innen und dadurch eine andere Statik oder eine andere Achse im Kniegelenk.

 

Vivi: Genau. Es gibt ganz arg viele verschiedene Arten und Ausprägungen von der ganzen Geschichte. Wir wollen jetzt hier nicht pauschalisieren und sagen „das wird auf jeden Fall bei dir passieren“, sondern es gibt ganz unterschiedliche Arten, wie sich das auswirken kann. Manchmal dreht sich das Schienbein mehr nach innen, manchmal ein bisschen weniger und dafür aber der Oberschenkel. Das wiederum kann eine Auswirkung haben auf das Hüftgelenk, weil das hängt ja am Oberschenkel dran. Wir haben einen Körper, der nicht nur einfach ein Bausteinkasten ist, wo einfach alles miteinander verschraubt ist und einzeln wieder rausgenommen werden kann. Alles gehört zusammen. Es hat eine Auswirkung, wenn beim großen Zeh oder am Sprunggelenk etwas anders ist, als es vielleicht anatomisch vorgesehen war.

Deswegen lohnt es sich, finde ich, ganzheitlich auf den Körper zu schauen. In unseren Kursen trainieren wir nicht nur einfach die Füße, sondern es ist ganz wichtig, dass wir auch das Bein, also die Beinachse, die Beinmuskulatur und das Becken mit trainieren. Wir können nicht so große Erfolge feiern, wenn wir uns nur punktuell den Fuß anschauen. Klar kann man den Fuß trainieren und sollte auch. Aber wenn du dir ein Bein vorstellst, das oben am Oberschenkel Knochen festgehalten wird und unten einfach runter hängt und dann unten Knick, Senk-, Plattfuß hat, dann muss ja etwas mit dieser Achse passieren. Denn wenn das Sprunggelenk nach innen fällt, dann fällt auch das Knie meistens nach innen. Und das hat eine Auswirkung auf das Hüftgelenk. Magst du dazu noch was sagen?


Tina: Es ist genau wie du sagtest. Es hat eine Auswirkung auf das Hüftgelenk, denn wenn das Knie nach innen kollabiert, dann dreht sich der Oberschenkel ein bisschen nach innen um dem Knie zu folgen. Dadurch kippt auch ein bisschen das Becken nach vorne. Das ist nicht immer so, wie du schon sagtest, aber man könnte dadurch auch ein Hohlkreuz ausbilden. Das zieht sich alles in einer Kette nach oben. Es fängt bei den Füßen an, geht über Knie, Hüfte, Rücken bis vielleicht sogar zu Kopfschmerzen, die man bekommt, weil man Plattfüße hat. Für uns macht es Sinn, aber der Laie weiß nicht, dass man durch falsche Fußmuskulatur auch Kopfschmerzen bekommen kann. Das ist alles sehr komplex, aber auch logisch, wie ich finde.

 

Vivi: Ich finde es auch ziemlich logisch. Wir können es ja so machen, dass wir noch eine Zeichnung anfertigen und die, wie die anderen Zeichnungen auch, in meiner Website verlinken. Die Leser:innen können sich das nach dem Herunterladen anschauen, wenn sie sich zum Newsletter angemeldet haben. Da kommen passend zu den Folgen Zeichnungen mit dazu, damit es visuell zugänglich ist. Wir müssen immer ein bisschen aufpassen, dass wenn wir zu zweit als Physiotherapeutinnen miteinander sprechen, dass wir noch normale Sprache benutzen. Es ist für uns einfacher, uns mit dieser medizinischen Sprache zu verständigen, als auf Deutsch alles zu erklären. Aber genau das wollen wir hier für die Leser:innen machen, damit es jeder versteht.

Valgus bedeutet „nach innen geneigt“, oder „zur Mittellinie hinneigend“. Ein Valgus im Knie, oder im Sprunggelenk bedeutet, dass es von der Mittelachse abweicht und zur Mitte hin kollabiert. Genauso wie es beim Valgus am großen Zeh ist. Mir fällt gerade spontan ein, wir hatten früher in der Ausbildung einen Merkspruch, was Valgus und was Varus ist. Ich habe in Baden gelernt und bei uns war „russ“, also raus, die Hilfestellung für „nach außen geneigt“ und Valgus ist das Gegenteil. Wie war das bei euch?


Tina: Wir hatten das eher mit konvex und konkav, was von der Brustwirbelsäule ist. Da hatten wir einen Spruch, damit man sich das besser merken kann.

 

Vivi: Den man jetzt wahrscheinlich jugendfrei nicht wiederholen kann?


Tina: Nicht wirklich. Deswegen habe ich das jetzt auch gelassen.

 

Vivi: Ihr könnt den Spruch gerne googlen. Wir wollen ja nicht nur über Probleme sprechen, die von Knick-, Senkfüßen herrühren können, sondern auch über Lösungen. In unseren Kursen sind viele Übungen enthalten, um Patient:innen oder Klient:innen mit Fußproblemen zu trainieren. Lass uns ein bisschen aus dem Nähkästchen plaudern und erzählen, was wir vorschlagen würden für dich als Leser:in. Tina, hast du eine Idee, was wir als erstes erzählen könnten?

Tina: Ich finde, dass wenn man mit Knick- und Senkfüßen Probleme hat, die Übung „die Uhr“ am schönsten, weil sie komplett das ganze Bein mitnimmt. Wir haben auch Übungen im Kurs, die das Längsgewölbe trainieren und stärken. Aber die Uhr nimmt das ganze Bein mit, über die Gesäßmuskulatur, die die Außenrotation wieder kräftig, bis über das Knie. Es ist eine sehr anstrengende Übung, aber auch effektiv. Und ja, die finde ich am schönsten.

Vivi: Ja, ich muss auch sagen, die Uhr ist auch meine Lieblingsübung für so gut wie alles. Und speziell für Menschen, die ihren Knick-, Senkfuß loswerden wollen. Wir können gerne auch eine Studie anhängen, die erklärt, warum wir über 80% der exzentrischen Kraft aus dem Gluteus Medius und aus dem Becken holen, um nicht zu überpronieren.
Exzentrisch bedeutet Kontraktion, eine Muskelaktivität sozusagen. Sie kann entweder konzentrisch, also zueinander zulaufend sein, wenn man z.B. seinen Arm beugt. Das ist eine konzentrische Aktion. Es gibt aber auch eine exzentrische Aktion. Diese Exzentrische ist genau das Gegenteil. Wenn du eine Hantel in der Hand hattest und deinen Bizeps wieder langsam loslässt und die ganze Muskulatur langsam exzentrische Aktivität hat, also gebremst und langsam. Das brauchen wir aus der Becken- und Gesäßmuskulatur, um unten am Fuß nicht zu kollabieren.

Eine Pronation ist, wenn du deine Handfläche von nach oben zeigend zu nach unten zeigend drehst. Das kann man am Fuß natürlich nicht in so großem Ausmaß machen, aber du kannst auch am Fuß pronieren. Das ist ganz normal. Jeder proniert bei jedem Schritt. Es ist wirklich gut, dass wir das machen können. Eine Überpronation ist, wenn du tatsächlich zu arg rein sinkst oder kollabierst, in dein Sprunggelenk.
Damit das nicht passiert, daran ist nicht dein Fuß maßgeblich beteiligt. Es liegt oben an deiner Oberschenkel- und Gesäßmuskulatur. Genau deswegen lohnt es sich, ganzheitlich zu arbeiten und vor allem auch einbeinige Übungen zu machen.

Ich würde sagen, das ist nach der Uhr unser zweiter Tipp. Fast alles in unserem Leben passiert auf zwei Beinen. Aber beim Gehen z.B. haben wir größtenteils ein Bein in der Luft. Es macht ganz viel Sinn, wenn wir auch einbeinig trainieren und nicht nur immer alles symmetrisch machen. Das Leben ist nicht linear und auch nicht symmetrisch. Wir müssen ein bisschen Varianz reinbringen, wenn wir unseren Körper darauf vorbereiten wollen, wieder alles gesund machen zu können. Deswegen ist es ganz wichtig, dass wir kreativ werden, was die Übungen angeht. Die Uhr ist, wie gesagt, unser Favorit. Es gibt aber auch einige Squat-Varianten, die wir im Kurs haben. Einige dynamische Varianten. Es geht nicht nur darum, dass wir einfach nur einen Muskel oder eine Muskelgruppe trainieren und das statisch immer wiederholen. Es geht darum, dass wir das auch in den Alltag integrieren. So wird man kompetenter und vielfältiger in der Bewegung. Damit eine gewisse Bewegungsintelligenz aufbaut wird. Wir sind sehr froh, dass wir Menschen darin unterstützen können. Falls du das jetzt liest, weil du einen Knick-, Senkfuß hast, dann bist du hier genau richtig und weißt, was zu tun ist.

Tina, magst du noch was sagen für unsere Leser:innen?


Tina: Ja, es ist einfach so, dass egal wo man Schmerzen hat, man sich nicht ausschließlich anschaut wo man gerade Schmerzen hat, sondern auch darüber oder darunter im Gelenk schaut. Es ist wichtig, ganzheitlich auf den Körper und den ganzen Menschen zu schauen, statt sich nur auf die Plattfüße zu fokussieren.

Vivi: Ja, auf jeden Fall. Das ist ein supergutes Schlusswort. Vielen, vielen Dank, dass du dabei warst, Tina.

Falls du Fragen oder Anregungen hast dann schreibe es gerne in die Kommentare oder schicke eine E-Mail an mail@vivibarfuss.com

Möchtest du deine Füße aktiv mit uns trainieren? Dann geht’s hier zu den Kursen. Für mehr Tipps und Inspirationen folge mir gerne auf Instagram und komme in die kostenfreie Facebook Gruppe „Füße trainieren mit Vivi Barfuß“.
Mein Team und ich freuen uns auf dich!

Viele Grüße an die Füße,
Vivi

 

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