Die tiefe Hocke ist eine der beliebtesten Übungen aus meinen Kursen. Sie ähnelt einer sehr tiefen Kniebeuge und tut dem Körper viel Gutes. Als Kleinkinder konnten wir sie in der Regel alle ohne Probleme. In dieser Position zu spielen oder Dinge aufzuheben war normal für uns. Wenn du Kinder hast, kannst du das sicher auch beobachten. In östlichen Ländern ist die tiefe Hocke eine beliebte und bequeme Ruheposition. In unserer westlichen Welt ist das leider nicht der Fall. Wie du die tiefe Hocke lernen kannst, auch wenn sie dir gerade noch unmöglich erscheint, zeige ich dir diesem Artikel.
Die tiefe Hocke – Der Selbsttest
Mach‘ direkt mit:
Stehe auf und stelle dich neben deinen Stuhl. Gehe langsam in die Hocke, so tief du kannst.
- Kommst du bis ganz herunter, sodass dein Po fast auf Höhe deiner Knöchel ist?
- Bleiben deine Fersen dabei auf dem Boden?
- Schaffst du es, das Gleichgewicht zu halten, oder kippst du um?
- Ist dein Rücken gerade oder rundet er sich, wenn du hockst?
Merkst du dabei, dass es klemmt und du nicht bis runterkommst? Dann kommt hier der zweite Test:
Schnapp dir ein Maßband/ Zollstock oder Lineal und stell dich vor eine Wand. Stell deinen rechten Fuß mit etwas Abstand zur Wand auf den Boden. Die Fußspitzen zeigen gerade nach vorne.
Nun versuch dein Knie an die Wand vorzuschieben, ohne dass die Ferse deines rechten Fußes abhebt. Geht dies gut, vergrößre so lange den Abstand, bis die Ferse abheben will. Diesen maximalen Abstand misst du und notierst den Wert. Dann das Gleiche mit dem linken Fuß.
Warum fühlt sich die tiefe Hocke unmöglich an?
Dass vielen Menschen die tiefe Hocke so schwerfällt, liegt in der Regel daran, dass sie diese schlicht und einfach verlernt haben. Schau‘ dir unseren heutigen Lebensstil an, im Vergleich dazu, wie wir Menschen ursprünglich lebten. Heute quetschen wir unsere Füße in unbequeme Schuhe, statt barfuß zu gehen. Wir verbringen einen Großteil unserer Zeit im Sitzen auf Stühlen und liegen abends auf der Couch. Wenn wir unsere Körper nicht entsprechend nutzen, verlernen sie wichtige Funktionen.
Die tiefe Hocke ist eine natürliche Position für Milliarden Menschen in östlichen Kulturen. Sie entspannen sich in dieser Position. Für viele in der westlichen Welt ist es unvorstellbar, sich so zu entspannen, oder?
Laut Studien (Krause et al & Kasayma et al) zeigen sich gehäuft Kompensationsmechanismen. Das bedeutet, der Körper gleicht verloren gegangene Funktionen aus. In diesem Fall kann sich das bemerkbar machen durch z.B. Füße, die nach innen knicken oder nach außen drehen, Beine, die sehr breit gestellt werden müssen und oft wird der Rücken gerundet (auch butt wink genannt).
Weitere Faktoren, die die tiefe Hocke beeinflussen können, sind …
- Die Mobilität in den Sprunggelenken
Ist deine Mobilität in den Sprunggelenken eingeschränkt, kann das die tiefe Hocke deutlich erschweren. Du merkst es daran, dass deine Knöchel sich nur bis zu einem bestimmten Winkel bewegen, wenn du versuchst in die tiefe Hocke zu gehen. Du kommst nicht weit genug herunter, oder verlierst das Gleichgewicht nach hinten beim Versuch weiter runterzukommen.
Wenn du dagegen die benötigte Mobilität, also Beweglichkeit in den Sprunggelenken hast, kannst du dich entspannt und ohne Schmerzen hinhocken. - Die Blutversorgung
Einige Menschen haben Probleme mit der tiefen Hocke, da sie sich die Gefäße in Kniekehle und Wade abklemmen. Wenn du fleißig übst, wirst du schnell eine Verbesserung feststellen können. Bei regelmäßigem Training bildet dein Körper neue kollaterale (parallele) Blutgefäße aus. Dadurch wird dein Unterschenkel wieder ausreichend versorgt und Schienbeinschmerzen können sich verringern oder verschwinden. Langes Hocken fällt dir mit der Zeit immer leichter. - Die körperlichen Gegebenheiten
Dein Körperbau ist sehr individuell. Faktoren wie z.B. das Längenverhältnis zwischen Ober- und Unterschenkel, die Form des Oberschenkelhalses, oder die Ausrichtung der Hüftpfanne können die tiefe Hocke erschweren. Letzteres kann z.B. durch diverse Gewohnheiten im Kindesalter beeinflusst werden.
Die Entwicklung unserer z.B. Hüftpfannen hängt nicht nur mit unseren Genen zusammen, sondern beispielsweise auch damit, ob und wie wir als Kind getragen wurden, oder ob wir hauptsächlich im Kinderwagen lagen und saßen. Und auch die Art der Windeln und bis zu welchem Entwicklungsschritt wir sie getragen haben, wirkt sich auf die Anatomie aus.
Vorteile der tiefen Hocke
Die tiefe Hocke:
- beschleunigt die Verdauung, dadurch staut sich weniger Kot und dein Darm bleibt in Bewegung
- ist gut für die Durchblutung der Organe
- ist eine prima Alternative zum Sitzen auf dem Stuhl
- ist die beste Position für Nummer 1
Durch die hockende Haltung befindet sich dein Körper in einem Winkel, der den Muskel des Beckenbodens entspannt. Der Darm ist nicht abgeknickt, weshalb dir die Entleerung leichter fällt. Du musst weniger pressen und beugst damit außerdem Hämorrhoiden vor. - Bringt die Gelenke des Unterkörpers in maximale Beugung
Hüfte, Knie und Sprunggelenke werden wieder beweglicher. Das hilft dir unter anderem dabei, die Gelenke gesund zu halten. - Trägt durch die Bewegung zur Ernährung der Gelenke und Menisci bei.
Die tiefe Hocke lernen – so geht’s
Darauf solltest du achten:
- Die Fersen bleiben auf dem Boden
- Die Füße zeigen nach vorne (weniger nach außen)
- Der Rücken ist gestreckt
- Die Knie stehen gerade ÜBER den Füßen (kippen nicht nach innen, da du ansonsten im Sprunggelenk einknickst)
Wenn es dir schwerfällt, stelle deine Füße zu Beginn etwas breiter auf und verringere den Abstand mit der Zeit.
Bonustipps zur tiefen Hocke
- Wie schon erwähnt, ist ja meistens das Sprunggelenk der Übeltäter, der die tiefe Hocke verhindert. Das weiß ich aus meiner Erfahrung als Physiotherapeutin, aber auch von den Teilnehmenden aus meinen Kursen.
Wenn das bei dir der Fall ist, dann habe ich einen Trick für dich:
Wir minimieren die Bewegung im Sprunggelenk, sodass du trotzdem hocken kannst. Lege dir ein Buch unter die Fersen und gehe dann in die Tiefe Hocke. Natürlich musst du dich nicht auf deine guten Bücher stellen, sondern kannst auch eine Matte falten, eine Schwelle oder den Bordstein nehmen – fällt dir noch was ein? - Wenn deine Beinrückseiten verhindern, dass du nach unten kommst, dann probiere unbedingt die Fußspitzen zu unterlagern, z.B. mit einem zusammengerollten Handtuch! In unserem Alltag ist nämlich eher das Gegenteil der Übung der Fall. Es geht (im Schuh) eher bergab, was Einfluss auf unseren Körper hat. Probiere gerne, dich beim Abwaschen, am Stehschreibtisch, beim Zähneputzen, oder einer anderen Tätigkeit mit dem Vorfuß in eine leichte Steigung zu stellen. Die Übung bringt dir wirklich etwas, wenn du sie regelmäßig und ab einer Minute aufwärts machst. Also je länger, desto besser!
- Ein Zusatzgewicht in den Händen oder ein fester Halt vorne kann dir helfen weiter runter in die Tiefe Hocke zu kommen!
Die Vorteile für das körperliche Wohlbefinden sind super vielfältig. Genau deshalb ist die tiefe Hocke eine der Übungen, die ich von Anfang an in den Kursen integriert habe.
Ich hoffe, dieser Artikel hat dich inspiriert, auch an deiner tiefen Hocke zu arbeiten und sie vielleicht sogar im Alltag zu nutzen? Das klappt ganz easy z.B. beim Wäsche zusammen legen, beim Zähneputzen, oder wenn du etwas unten aus dem Schrank holst. Deiner Fantasie sind keine Grenzen gesetzt!
Wenn du dir Begleitung in ein gesünderes Leben möchtest, dann melde dich zum Hallo Füße Kurs an.
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Viele Grüße an die Füße,
Vivian Gläsel
Update Blogartikel am 20.3.2024
Hallo,
ich übe die tiefe Hocke seit einem Jahr. Leider tut sich wenig bis nichts.
Ich weiß nicht wie ich voran kommen kann. Ich habe den Eindruck, dass die Achillessehne von hinten blockiert und das Sprunggelenk von vorne.
Was kann ich tun?
Viele Grüße Melanie
Hi Melanie,
jeder Körper ist anders und manchen fällt die Tiefe Hocker leichter als anderen. Es gibt noch wesentlich mehr Faktoren als Achillessehne, Sprunggelenk etc. die die tiefe der Hocke beeinflussen können. Wenn du magst buche dir gerne ein persönliches Gespräch mit einer unserer Physiotherapeutinnen und wir schauen einmal zusammen, wodran es liegen könnte.
Liebe Grüße an die Füße, Luana – Team Vivi Barfuß
Liebe Vivi, der Blog ist richtig schön geworden, Glückwunsch dazu!
Meine Frage zur tiefen Hocke: kann es sein, dass die Beweglichkeit des Sprunggelenks nach einem Bänderriss (Außenband) eingeschränkt ist und es mit der tiefen Hocke (auch) deshalb schwierig ist?
Hallo Julia, leider können wir keine Ferndiagnose stellen. Dein Knöchel wurde wahrscheinlich nach dem Bänderriss einige Zeit ruhiggestellt? Wenn es danach z.B. keine adäquate Behandlung beim Physiotherapeuten gab, kann es sein, dass die Bewegungsfreiheit noch eingeschränkt ist. Einfach weiter üben und auf den eigenen Körper hören, was die persönlichen Grenzen angeht.
Tipp: Schau dir gerne bei Instagram die Beitragsreihe zur tiefen Hocke an, diese ist auch im Artikel verlinkt, vielleicht ist da noch etwas neues für dich dabei!
Lieben Gruß, Luana – Team Vivi Barfuß